Naturschutz international am Ohridsee

Es ist nicht ganz leicht, an den Ohrid-See zu kommen. Nord-Mazedonien liegt weder an den Drehkreuzen des Luftverkehrs, noch ist es mal eben mit dem Auto zu erreichen. Nach 2.000 km Fahrt erstrahlt der See aber in seiner ganzen Pracht: strahlend blau, von bis zu 2.100 m hohen Bergen umgeben liegt er da. UNESCO Weltkultur und Weltnaturerbe.

Der 1,36 Millionen alte und fast 300 Meter tiefe See ist schon seit Jahrtausenden von Menschen besiedelt, sichtbare Spuren seit der Steinzeit finden sich über und unter Wasser. Zeugen davon sind die Reste einer Pfahlbausiedlung entdeckte, die mehrere tausend Jahre besiedelt war. Mithilfe des archäologischen Instituts der Uni Bern wurde die Siedlung rekonstruiert und kann über und unter Wasser erkundet werde. In Ohrid zeigt sich die Geschichte der Region: ein griechisch-römisches Amphitheater oder eine noch gut erhaltene osmanische Festung zeugen vom wechselvollen Verlauf von Eroberungen. Im See selbst finden sich immer noch Tonnen von Munition und Minen aus dem 1. Weltkrieg.

Heute ist die Region Ohrid Teil des Staates Nord-Mazedonien, NATO-Mitglied und EU-Beitrittskandidat. Der See selbst ist ein beliebtes Feriendomizil während des trocken-heißen Sommer im Land. Und damit fangen die Probleme an.

 

Mehr als zweihundert endemische Arten finden sich in der Region, besonders bekannt ist die Ohrid-Forelle, die es aber ohne Zuchtprogramme es ortsansässigen biologisch-hydrologischen Instituts schon ausgestorben wäre. Auch die besonderen unterseeischen Wiesen aus Armleuchteralgen mit der Ohrid-Characee sind gefährdet. Durch Tourismus und der damit verbundenen Bautätigkeit eutrophiert der See langsam. Zwischen Pestani und der albanischen Grenze ist die Kapazitätsgrenze des Abwassers schnell erreicht und es wird ungeklärt in den See verklappt. Und in Albanien fehlen die Reinigungsmöglichkeiten fast komplett, so dass sich hier den ganzen Sommer über Schleimalgen bilden können.    

 

Dagegen kämpft die Bürgerinitiative Ohrid SOS seit vielen Jahren - und macht sich dabei extrem unbeliebt.  Wer illegale Müllablagen oder Neubauten anzeigt, der gilt sofort als Nestbeschmutzer. Dabei sind die Aktivist:innen eigentlich diejenigen, die den See retten wollen. Und als Tourismuskonzept Naturnähe und nachhaltig propagieren.

An der Nachhaltigkeit fehlt es aber noch, Müll wird in der Landschaft einfach abgeladen, ein fehlendes Pfandsystem führt dazu, dass unendliche viele Plastikflaschen einfach in der Natur entsorgt werden.

Wie schnell sich der Zustand der Gewässer ändern kann, zeigt das Schicksal des durch einen mächtigen Bergrücken getrennten Prespa-See im Osten. Er hat in den vergangenen Jahren die Hälfte seines Volumens und damit mehrere Meter Wassertiefe verloren. Das ebenfalls einst mit unterseeischen Wiesen versehene Gewässer verkommt zur Kloake, dabei ist es ein wichtiges Gebiet für zahlreiche Vogelarten.

Auch hier steht die Landwirtschaft durch Wasserentnahme und Einleitung von überdüngtem Abwasser als Problem Nr. Eins. Und er ist der einzige Zufluss des Ohridsee. Noch dient das karsthaltige Gebirge als natürlicher Filter.

 

Der See bietet unter Wasser für alle etwas: endemische Pflanzen und Fische (Ohrid-Forelle), unterseeische Characeenwiesen bis in 12 Meter Tiefe, römische Ziegel bis 20 und Amphoren bis 40 Meter. Und für alle Mischgasbegeisterten gibt es Steilwände  mit mehr als 100 Meter Wassertiefe. Die Tauchbais ist gut mit Leihequipment ausgestattet, nur Rebreather gibt es nicht. Es wird von Land oder mit dem Zodic getaucht.

 

Allerdings leidet der See auch unter der menschlichen Nutzung: die Ohird-Forelle ist überfischt, das einst nährstoffarme Gewässer bekommt immer mehr Nährstoffe aus der Landwirtschaft und Abwässern. Und so verändert sich auch die Vegetation unter Wasser. Damit diese Veränderungen künftig dokumentiert werden können, fand vor Ort ein VDST/NABU Spezialkurs „Tauchen für den Naturschutz“ unter Leitung von Silke Oldorff und Rainer Stoodt statt. Denn wie auch bei „unseren“ heimischen Gewässern wird der Zustand und die Entwicklung von Flora und Fauna nur unzureichend dokumentiert. Mit 9 verschiedenen Characeenarten, eine konnte im Rahmen unserer Tauchgänge erstmals nachgewiesen werden, die typisch für ein oligotrophes Gewässer sind zeigt sich der See in einem guten Zustand - noch.

 

Mit den neu ausgebildeten Naturschutztauchern haben die Aktivist:innen rund um den Ohridsee neue Verbündete, die mit Daten und Fakten die Arbeit für den Erhalt des Sees als Weltnaturerbe unterstützen können.

 

 

Anreise Ohridsee

Direktflüge oder über Skopje (845 kg Co2)

mit dem eigenen PKW (304 kg Co2)

Tauchbasis Amfora, Kontakt: www.amfora-diving.mk

geöffnet von April bis Oktober

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